FREDDIE MERCURY: SEIN LEBEN IN DER ISAR-METROPOLE
Sendlinger-Tor-Platz
Das AIDS-Memorial in München ist eine blaue Säule, die 2001 am Sendlinger Tor errichtet und am 17. Juli 2002 enthüllt wurde. Der Gestalter Wolfgang Tillmans gewann damit einen Wettbewerb der Stadt zur Gestaltung eines AIDS-Denkmals. Die Säule ist ein Symbol der Solidarität und Mahnung. Sie erinnert an die ungerechte Behandlung und Diskriminierung der Schwulenszene. Damals,in den 1980er Jahren, ging der Leiter des Kreisverwaltungsreferats (Ordnungsamt) Peter Gauweiler (CSU) scharf gegen Aidskranke vor mit Zwangstests für Prostituierte, Drogenabhängige und angehende Beamte.
Seit 2002 erinnert die AIDS-Säule an die AIDS-Toten. Unter ihnen waren viele berühmte Persönlichkeiten wie z.B. auch Freddie Mercury, der 1991 an AIDS verstarb. Von 1979 bis 1985 lebte er in München. Auf diesem Spaziergang durch die Isarvorstadt, insbesondere Glockenbach- und Gärtnerplatzviertel, folgen wir seinen Spuren.
Für die erste Station laufen Sie Richtung Blumenstraße und gehen Sie auf die andere Straßenseite. Das Pimpernel, unsere erste Station, befindet sich auf der linken Straßenseite neben dem Ruff's Burger in der Müllerstraße 56.
STATION 1: PIMPERNEL
Müllerstraße 56
1974 erkundete Freddie Mercury nach den ersten beiden Queen-Konzerten in München die Stadt. Er besuchte Lokale, die in der Schwulenszene beliebt waren. Diese sind später zu seinen Stammlokalen geworden: die Deutsche Eiche, das Pimpernel, der Ochsengarten.
Das Pimpernel, gegründet 1970 als Tanz- und Nachtclub, existiert heute immer noch. In den 80ern war es der In-Club in der homosexuellen Szene.
Zu Freddies Zeiten hatte das Pimpernel eine Besonderheit. Wer aus Stadelheim und aus anderen näher gelegenen Gefängnissen entlassen wurde, tauchte wenig später hier auf, so die Polizei. Bei Gewaltverbrechen, schickte die Polizei vorsorglich eine Streife ins Pimpernel.
Zu den Stammgästen zählte auch der Schauspieler Walter Sedlmayr.
Walter Sedlmayr war ein deutscher Schauspieler, Fernsehregisseur und Autor, der im Jahr 1990 in seiner Wohnung ermordet wurde. Er war homosexuell, lebte dies aus Angst nicht offen aus und das wurde ihm letztendlich zum Verhängnis. Walter Sedlmayr wurde am 15. Juli 1990 in seiner Wohnung in Schwabing ermordet.
Weiter geht's mit der zweiten Station. Bleiben Sie dafür in der Blumenstraße. Der Ochsengarten befindet sich ca. 120m weiter entfernt in der Müllerstraße 43.
STATION 2: OCHSENGARTEN
Müllerstraße 43
Der Ochsengarten im Glockenbachviertel in München ist Deutschlands erste Lederbar und gilt als einer der ältesten Treffpunkte der homosexuellen Szene. Es ist Münchens erste Gay-Bar und Bayerns älteste SM-Kneipe.
Bevor der Ochsengarten Institution in der Schwulenszene wurde, war hier früher eine Wirtschaft mit Biergarten für die Bauern und Händler, die hier Ochsen kauften und verkauften. So kam die Wirtschaft zu ihrem Namen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Ochsengarten ein Weinlokal und Treffpunkt von Prostituierten mit ihren Freiern im damaligen Rotlichtviertel. Damals zählte das gesamte Gärtnerplatzviertel zum Rotlichtmillieu. Das änderte sich dann als München 1966 den Zuschlag für die Olympischen Spiele 1972 bekam: die Münchner Innenstadt wurde zum Sperrbezirk erklärt. Das bekannte Lied "Skandal im Sperrbezirk" der bayerischen Rock-'n'-Roll-Band Spider Murphy Gang wurde 1981 veröffentlicht und ar der einzige Nummer-eins-hit der Band.
Überregionale und internationale Bekanntheit erlangte der Ochsengarten durch Freddie Mercury, der hier während seiner Münchner Jahre ein und ausging.
Für die dritte Station gehen Sie bitte weiterhin die Müllerstraße entlang und biegen rechts in die Holzstraße ab. Laufen Sie geradeaus weiter bis das berühmte Pissoir am Holzplatz zu sehen ist.
STATION 3: HISTORISCHES PISSOIR AM HOLZPLATZ
Holzplatz
Das Pissoir am Holzplatz steht unter Denkmalschutz. Es wurde 1900 gebaut und stand ursprünglich am Stachus. In den Fünfzigerjahren wurde es an den Holzplatz verlegt. Es ist heute Gedenkort und Schmuckstück im Glockenbachviertel.
Die Umgestaltung der Außenfassade wurde mit Bedacht gewählt: die rosa Winkel sollen an die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus und die Streifen an die KZ-Uniformen erinnern.
Pissoirs, öffentliche Toiletten, sind für die Schwulenszene von großer Bedeutung. Die so genannten Klappen dienen als Treffpunkt für schnellen Sex. „Glory holes“(= „ruhmreiche Löcher“) ermöglichen anonymen Geschlechtsverkehr.
Am Pissoir selbst stehen Eckdaten über Rainer Werner Fassbinder, Freddie Mercury und Albert Einstein. Alle drei haben eine biografische Verbindung zur Isarvorstadt.
Der Filmregisseur Fassbinder arbeitete mit der Schauspielerin Barbara Valentin zusammen. Sie wiederum pflegte eine enge Beziehung zu Mercury.
Die vierte Station ist nicht weit vom Holzplatz entfernt. Laufen Sie dafür weiter in die Holzstraße hinein, weg vom Pissoir in die andere Richtung. Biegen Sie rechts in die Westermühlstraße ab und laufen Sie geradeaus weiter bis Sie links in die Hans-Sachs-Straße abbiegen können. Das Gebäude in dem sich die ehemalige Wohnung von Barbara Valentin befindet, ist gleich um die Ecke.
STATION 4: BARBARA VALENTINS WOHNUNG
Hans-Sachs-Straße 22
Hier im Haus der Hans-Sachs-Straße 22 befindet sich die Wohnung, die einst Barbara Valentin und Freddie Mercury zusammen kauften. Diese Wohnung erbte Valentin nach Freddies Tod.
Barbara Valentin, eigentlich Ursula Ledersteger, war eine Schauspielerin aus Österreich; Ende der 1950er-Jahre wird sie für den Film entdeckt und durch die Zusammenarbeit mit Fassbinder zur Charakterdarstellerin. Sie ist sechs Jahre älter als Freddie Mercury.
Barbara Valentin war sehr tief verwurzelt im Münchner Nachtleben. Sie nahm nicht nur Drogen, sondern versorgte sowohl Fassbinder als auch Freddie damit. In der Münchner Schwulenszene war Valentin die „Muddi“ der Gay-Community und durfte somit überall rein, wo keine Frau eigentlich reindurfte.
Barbara Valentin starb 2002 im Alter von 61 Jahren an einer Gehirnblutung als Folge eines Schlaganfalls.
Aber wie hat sich Freddie hier eigentlich in München gefühlt? Fühlte er sich wohl, wurde er oft von den Leuten bedrängt, fielen ihm viele Unterschiede zu London?
Wenn Sie geradeaus weiter laufen, werden Sie am Ende der Hans-Sachs-Straße am Café Nil vorbeilaufen. Das Café wurde oft von Barbara Valentin besucht.
Für die fünfte Station, biegen Sie rechts in die Müllerstraße ab und laufen Sie geradeaus weiter, um dann wieder rechts in die Fraunhoferstraße abzubiegen. Die ehemalige Poststelle befindet sich ca. 280m weiter in der Fraunhofertraße 22a.
STATION 5: POST IN DER FRAUNHOFERSTRAßE
Fraunhoferstraße 22a
Anders als in Großbritannien konnte Freddie hier in München entspannt durch die Straßen gehen, niemand erkannte ihn.
Zitat Freddie aus "Mercury in München: Seine besten Jahre": "I've found a place, which is called Munich, where I can actually walk the streets."
Freddie war viel in München unterwegs, er ging oft aus, nahm Drogen, trank und amüsierte sich wie ein echter Rockstar der 1970er Jahre.
Hier an der ehemaligen Postfiliale in der Fraunhoferstraße hatte Freddie ein Postfach.
Damals befand sich neben der Post, heute nur noch Packstation, sein Lieblingsgeschäft für Unterwäsche und dort kannte man ihn. Er kaufte mit Vorliebe String Tangas der Marke HOM in allen Farben.
Der Film "Bohemian Rhapsody" allerdings stellte seine Zeit in München schon fast als grausig dar, was sehr verwundert.
Wer weiß welches Musikvideo auch gleichzeitig Anlass für Freddies Geburtstag war? Freddie Mercurys ehemalige Geburtstags-Location und gleichzeitig unsere sechste Station befindet sich in der Rumfordstraße 2. Laufen Sie dafür die Fraunhoferstraße zurück bis zur Ampel und wechseln Sie die Straßenseite. Das ehemalige Old Mrs. Henderson, die heutige Paradiso Tanzbar, und unsere sechste Station befindet sich ca. 300m weiter auf der rechten Straßenseite. Direkt gegenüber ist der Hintereingang des Bellevue di Monaco.
STATION 6: OLD MRS. HENDERSON (HEUTE: "PARADISO TANZBAR")
Rumfordstraße 2
Freddies Leben in München erreicht seinen Höhepunkt an seinem 39. Geburtstag 1985, zeitgleich zum Dreh des Videos "Livin' On My Own".
Die exklusive Einladung war schlicht in schwarz-weiß gehalten und lud zur Dragverkleidung an. Freddies Geburtstagsfeier war so skandalös, dass die Briten aufgrund des zunächst zensierten Videoclips sie später "the mother of all parties" nannten.
Das "Old Mrs. Henderson" hier in der Rumfordstraße 2 war vor allem in den 70er und 80er Jahren ein sehr beliebtes Lokal. Hierher kam Mercury, um das Nachtleben zu genießen, aber nicht nur Freddie konnte hier als Stammgast gezählt werden, auch bekannte Persönlichkeiten wie Mick Jagger oder David Bowie sollen den Club gerne besucht haben.
Für die siebte Station biegen Sie rechts in die Rumfordstraße und laufen Sie geradeaus weiter bis Sie rechts in die Reichenbachstraße abbiegen können. Die Deutsche Eiche, unsere siebte Station und eines der namenswertesten Lokale der schwul-lesbischen Szene in München, ist auf der linken Straßenseite.
STATION 7: DEUTSCHE EICHE
Reichenbachstraße 13
Die Deutsche Eiche war eines von Freddie Mercurys Stammlokalen. Die alte Traditionsgaststätte befindet sich mitten im Geschehen des Gärtnerplatzviertels und gilt außerdem als einer der ältesten Treffpunkte der homosexuellen Szene Münchens.
Die Wirtschaft gibt es seit 1864. Schon in den 1920ern war die Eiche bei den Tänzern des Gärtnerplatztheaters beliebt, um hier ihre Premieren zu feiern. Hier traf man aber auch Menschen aus verschiedenen Schichten und Berufen, Händler der Großmarkthalle, Metzger vom Schlachthof im Süden, Prostituierte und sehr viele Künstler.
Zum rosa Mythos wurde es jedoch erst, als es im Jahr 1948 von Ella Reichenbach übernommen wurde. Zusammen mit ihrer Schwägerin Tony und Tochter Sonja führte sie die Deutsche Eiche.
In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre erlebte die Deutsche Eiche einen Niedergang und wäre deshalb beinahe in Büros umgebaut worden.
1993 bekommt die Eiche neue Besitzer und von da an ändern sich einige Dinge. Dietmar Holzapfel und sein Partner Sepp Sattler modernisieren das Lokal. Heute ist die Deutsche Eiche nicht nur ein Wirtslokal, sondern Restaurant, Hotel und die erste Anlaufsstelle, wenn man die größte Männersauna Deutschlands besuchen möchte.
Für die achte Station gehen Sie bitte die Reichenbachstraße zurück und biegen rechts in die Buttermelcherstraße ab. Das ehemalige Eagle, die heutige Weinbar "Déjá bu?", befindet sich direkt auf der rechten Straßenseite ein paar Meter weiter.
STATION 8: DAS EAGLE (HEUTE: "DÉJÀ BU?")
Buttermelcherstraße 2A
Ähnlich wie der Ochsengarten war das Eagle auch einer der bekannten Lederclubs in München. Das Eagle war das zweite Lokal des MLC (Münchner Löwen Club e.V.).
Der "Münchner Löwen Club" wurde im Jahr 1974 in der Deutschen Eiche vorerst als "Münchner Leder Club" gegründet. Der MLC ist ein eingetragener Verein und hat nichts mit dem TSV 1860 zu tun. Stattdessen ist der MLC einer der größten Leder- und Fetischclubs Europas.
Hier sieht man wie Freddie Mercury ein T-Shirt mit dem MLC-Logo trägt, in dem ein Kerl kurze Hosen anhat. Die abgebildete Figur wurde vom Zeichner "Tom of Finland" kreiert.
Die vorletzte Station, eines der berühmtesten Lokale der Münchner Schickeria und internationaler Stars in den 70er/80ern in München befindet sich in der Utzschneiderstraße. Gehen Sie dafür das Stück in der Buttermelcherstraße zurück und laufen Sie wieder in die Reichenbachstraße, aber in die entgegengesetzte Richtung der Deutschen Eiche. Wechseln Sie die Straßenseite und biegen Sie dann links in die Utzschneiderstraße ab. Das ehemalige Kay's Bistro befindet sich am Ende der Straße auf der rechten Seite.
STATION 9: KAY'S BISTRO (HEUTE: "ZUM GOLDENEN KALB")
Utzschneiderstraße 1
1976 eröffnete Kay Wörsching das "Kay's Bistro".
Eine Woche nach der Eröffnung des Bistros war Gina Lollobrigida dort zu Gast. Gina Lollobrigida war eine italienische Schauspielerin, Fotografin und Bildhauerin. Durch Zufall war der französischer Sänger Gilbert Bécaud am selben Abend auch dort; er hatte zuvor nämlich ein Konzert in München gegeben. Ein Fotograf machte ein Bild von den beiden, das Bild landete in der Zeitung und fortan war Kay's Bistro das neue In-Lokal in München.
In Kay's Bistro traf sich die Schickeria, das Lokal galt als leicht pompös und ziemlich gehoben. Dort bediente Kay Wörsching Persönlichkeiten wie Tina Turner, Mick Jagger, Gianni Versace - und natürlich auch Freddie Mercury. Doch die Besitzer, Kay Wörsching und Partner, achteten darauf, dass alle gleich behandelt wurden. Das Bistro war ein Erfolg und zusammen führten sie das Lokal über 28 Jahre lang. Im Jahr 2005 mussten sie es leider aufgeben.
Für unsere letzte Station biegen Sie links in die Blumenstraße ab und laufen geradeaus weiter. Biegen Sie dann rechts in die Corneliusstraße ab und dann wieder rechts in die Prälat-Zistl-Straße. Laufen Sie dann geradeaus weiter, um dann letztendlich links am Sebastiansplatz abzubiegen. Alternativ können Sie von der Utzschneiderstraße auch quer durch die Schrannenhalle laufen, wenn Sie offen ist.
STATION 10: SEBASTIANSECK
Sebastianplatz 3
In München hatte Freddie viele Liebhaber, doch nicht alle genossen denselben Stellenwert.
Am Sebastianseck 4, in einem ehemaligen Waschhaus, befand sich das Lokal "Sebastianseck", welches ein wichtiger Treffpunkt für schwule Männer war. Der Wirt war Winnie Kirchberger, Freddies langjähriger Freund zu seiner Zeit in München. Freddie war in Winnie verliebt und bis 1985 auch seine große Liebe. Er zog damals sogar in Winnies Wohnung ein.
Den Song "It's a Hard Life" schrieb Freddie für Winnie Kirchberger. Winnie Kirchberger starb 1993 an den Folgen von Aids.
Quellen:
Nicola Bardola: Mercury in München: Seine besten Jahre München, 3. Aufl. 2021
Mark Blake: Is This The Real Life? The Untold Story of Queen. Rayleigh Essex, 2011
Kay Wörsching, Gastrolegende - BR Podcast Blaue Couch 2019
Diesen Rundgang verfasste unsere Bundesfreiwillige im Kalenderjahr 2023/24.